Polizeinotruf in dringenden Fällen: 110

Menü

Inhalt

Sehr wichtig für den Erfolg der Diensthunde ist ein enger Kontakt zu ihrem Hundeführer oder ihrer Hundeführerin.
Selbstbewusst, spielfreudig und durch nichts zu erschüttern
Diensthunde bei der Polizei

Streife-Redaktion

 

Die NRW-Polizei bildet ihre Schutzhunde nicht nur selbst aus, die Vierbeiner stammen in der Regel sogar aus der eigenen Zucht. So tummeln sich derzeit 24 Hundewelpen in den Zwingern des „Zentralen Fortbildungszentrums für das Diensthundewesen“ in Schloß Holte-Stukenbrock – alles potenzielle Polizeihunde. Aber wie entscheidet man, welcher Welpe es tatsächlich in den Polizeidienst schafft? Thorsten Behlau ist Sachgebietsleiter für den Bereich Ankauf und Zucht beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) NRW. Im Interview erklärt er, wie es im „Hundekindergarten“ zugeht und wie man bei der Auswahl den richtigen Riecher beweist.

 

Herr Behlau, wann kommen die Welpen zu Ihnen nach Schloß Holte-Stukenbrock?

Thorsten Behlau: Die Welpen kommen in der Regel bei einem unserer Tierpfleger zu Hause zur Welt. Dort bleiben sie auch erstmal, bis sie ungefähr vier Wochen alt sind. Wir legen großen Wert darauf, dass die Hunde die erste Zeit in dieser geschützten Umgebung verbringen. Erst danach werden sie zu uns nach Schloß Holte-Stukenbrock überführt – natürlich zusammen mit ihrer Mutter. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase geht es dann aber auch schon los mit der Sichtung und den spielerischen Trainings.

 

Wie muss man sich den Hundekindergarten bei Ihnen vor Ort denn vorstellen?

Behlau: Im Prinzip sind die Räumlichkeiten hier einem richtigen Kindergarten gar nicht so unähnlich. Es gibt Räume mit weichen Böden, viel Spielzeug, Bällen, Pappkartons in verschiedenen Größen und Wackelbretter. Außerdem haben wir einen Außenbereich mit kleinen Hindernissen und Treppen, der von den Welpen gerade bei dem schönen Wetter auch gerne genutzt wird. Untergebracht sind die Hunde in Welpenzwingern mit moderner technischer Ausstattung – es gibt zum Beispiel eine Fußbodenheizung. Auch für die Zuchthündin gibt es einen separaten Bereich, in den sie sich zurückziehen und zur Ruhe kommen kann.

 

Wie finden Sie denn heraus, ob sich ein Welpe als Polizeihund eignet?

Behlau: Unsere Hauptaufgabe ist es, zu beobachten. Die Hunde kommen zum Beispiel in einen Raum mit Spielgeräten und wir schauen, wie sie sich verhalten: Gehen sie offen auf die Sachen zu? Sind sie geräuschempfindlich? Haben sie Probleme, wenn Menschen mit im Raum sind? Diese Situationen werden dann im Laufe der Zeit immer komplexer. Wir gehen mit den Hunden dann auch mal in eine unserer Werkstätten wie die Schreinerei oder in die Kraftfahrzeughalle, wo es auch mal etwas lauter ist oder die Geräusche ungewöhnlich sind. Oder wir testen, wie sie auf größere Personengruppen reagieren. Unsere Studierenden trainieren ja auch hier auf dem Gelände, die werden dabei einbezogen. 

 

Wie kann man die Welpen denn in so einem frühen Stadium schon für den Dienst vorbereiten?

Behlau: Wir versuchen, den Hunden möglichst viele verschiedene so genannte „Bilder“ anzubieten, also möglichst viele Situationen, die ihnen im späteren Leben als Diensthund einmal begegnen könnten. Dabei befindet sich der Welpe in einer geschützten Umgebung, in der er sich wohlfühlt: Seine Geschwister sind dabei und der Tierpfleger, den er seit seiner Geburt kennt. Dann kann man auch Unbekanntes spielerisch erarbeiten, etwa das Gehen auf einem schwierigen Untergrund, wie einem Gitterrost oder auf nassen oder glatten Böden. Der Hund speichert diese Situation für sich dann positiv ab. Je mehr dieser Bilder der Hund in den ersten Wochen positiv abspeichert, desto weniger stressen ihn solche Situationen, wenn er dann älter ist. Es ist wichtig, diese ersten Wochen zu nutzen und möglichst viel anzubieten, ohne die Hunde zu überfordern. Dabei richten wir uns übrigens ganz nach dem Rhythmus der Tiere: Wenn sie ihre agile Phase haben, wird diese Zeit für die Trainings genutzt. Das kann auch mal frühmorgens oder spätabends sein. Andere Aufgaben müssen dann eben mal warten. 

 

Welche Eigenschaften muss ein guter Diensthund denn vor allem mitbringen?

Behlau: Ein Polizeihund muss ein gesundes Selbstbewusstsein haben. Das lässt sich auch in so einer frühen Phase schon ganz gut erkennen. Wenn der Hund zum Beispiel einen Raum betreten soll, kann man ihn beobachten und einschätzen: Bleibt er lieber im Gang stehen, nach dem Motto: „Da gehe ich jetzt aber lieber nicht rein.“ Oder marschiert er mit breiten Schultern durch die Tür, ganz nach dem Motto: „Was kostet die Welt?“ Wichtig ist außerdem die Umweltsicherheit. Bleibt er auch in ungewöhnlichen und stressigen Situationen ruhig? Bleibt er gelassen, wenn es laut wird oder viele Menschen vor Ort sind? Auch die Spiel-Motivation ist ein wichtiger Faktor. Ein ausgeprägter Spieltrieb ist wünschenswert. Verliert ein Hund schnell das Interesse an einem Spielzeug und lässt sich so gar nicht dafür begeistern, dann ist er eher nicht für den Dienst geeignet.

 

Wie entscheiden Sie, welcher Welpe in die Ausbildung als Diensthund darf?

Behlau: Die Welpen werden immer von mehreren Personen beobachtet und bewertet. Das läuft zum Teil nach Schulnotensystem. Vieles wird aber auch frei dokumentiert, weil sich das Verhalten der Tiere nicht in ein festes Schema pressen lässt. Wichtig ist, dass es keine Momentaufnahme sein darf, sondern eine Langzeitbetrachtung über mehrere Wochen. Jeder Hund kann schließlich mal einen schlechten Tag haben. Diese Beurteilungsphase dauert vier bis sechs Wochen. Danach entscheiden wir gemeinsam, ob sich ein Welpe potenziell für den Polizeidienst eignet oder nicht. In der Regel sind das 50 bis 60 Prozent der Hunde. Von den 24 Welpen, die wir im Moment hier haben, wären das also etwa 15, die wir für geeignet halten. Von den Hunden, die wir vermitteln, schaffen dann rund 90 Prozent die anschließende Ausbildung. 

 

Was passiert denn mit den Welpen, aus denen keine Diensthunde werden?

Behlau: Alle Hunde, die diese wirklich hohe Hürde nicht schaffen, gehen anschließend in den privaten Verkauf. Interessenten werden natürlich von uns überprüft. Wir schauen nach, ob die grundsätzlichen Voraussetzungen gegeben sind, einen solchen Hund zu halten. Bei unseren Hunden handelt es sich hauptsächlich um Malinois, das sind Belgische Schäferhunde. Der künftige Halter sollte auf jeden Fall Erfahrung haben. Für Halter ohne Vorkenntnisse ist diese Rasse nicht geeignet. Malinois sind außerdem sehr agil und brauchen viel Bewegung.

 

Nach acht bis zehn Wochen kommen die Welpen, die es geschafft haben, zu ihren Diensthundführern. Wie geht es dann weiter?

Behlau: Die Hunde beginnen dann ihre Ausbildung, die in der  jeweiligen Kreispolizeibehörde stattfindet. Die Ausbildung dauert zwischen 18 und 24 Monaten und schließt mit der Polizeidiensthund-Prüfung ab. Im Dienst bleiben die Hunde dann etwa bis zum neunten oder zehnten Lebensjahr. In dieser Zeit leben sie bei  ihrem Diensthundführer, er begleitet den Hund quasi sein ganzes Leben lang. Die beiden sind ein Team, das eine ganz besondere Beziehung zueinander hat. Deshalb sucht sich ein Hundeführer seinen Hund bei uns auch selbst aus und gibt ihm seinen Namen. Das muss einfach passen.

 

Fällt es Ihnen nicht schwer, die Hunde abzugeben?

Behlau: Man entwickelt im Laufe der Jahre eine gewisse Professionalität. Aber gerade für unsere Tierpfleger, die die Hunde ja vom ersten Tag an betreuen, die vielleicht sogar die Geburt miterlebt haben, für die ist es manchmal nicht so ganz einfach. Aber wir sehen die Hunde ja regelmäßig wieder, nämlich dann, wenn sie zusammen mit ihrem Diensthundführer zu den verschiedenen Lehrgängen kommen, die wir anbieten. Da ist es dann auch immer wieder schön zu sehen, wie sich die Hunde entwickelt haben.

 

Das Interview führte Simone Bauer.

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110